Tourniert: Vancouver, Seattle, Tofino …

In meiner zweiten Ausgabe von „Tourniert“, dem Artikelformat für gebündelte Kurzberichte der vergangenen Monate, berichte ich über Restaurants aus dem Pazifischen Nordwesten. Diese Region ist geografisch nicht exakt definiert, bezeichnet jedoch überwiegend die nordwestlichen US-Bundesstaaten Washington und Oregon sowie die kanadische Provinz British Columbia.

Landschaftlich ist diese Region jede Reise wert und hat selbst mich dahin verschlagen, ohne dass die kulinarischen Perspektiven allzu aussichtsreich wären. Statt des Guide Michelin gibt es hier Weißkopfseeadler, Schwertwale und spektakuläre Highways durch eine von spiegelglatten Seen und Millionen Nadelbäumen geprägten Kulisse. Auch nicht übel.

Aber natürlich plane ich keine Reise ohne Reservierungen und entsprechend vorausgehende Recherchen. In Regionen, in denen der Michelin nicht tätig ist, ist das jedoch gar nicht so einfach. Die Online-Angebote der großen Tageszeitungen sind dann häufig eine Referenz, genauso wie die Seite eater.com, Zagat und weitere Quellen. Bloß die Finger weg von Trip Advisor & Co., da haben sowieso fast alle Restaurants Höchstnoten. In der Gesamtheit fügt sich auf jeden Fall irgendwann ein Bild der lohnenswertesten Restaurants.

Das mit Abstand großartigste Restaurant (das dann auch kulinarisch gesehen wieder die gesamte Reise rechtfertigt), ist zweifellos das Willows Inn auf Lummi Island, über das ich an anderer Stelle schon ausführlich berichte. Auch das Ask for Luigi in Vancouver, ein wunderbar einfaches, aber hervorragendes italienisches Restaurant, war mir bereits einen eigenständigen Bericht wert. Und wer fernab von der Heimat moderne deutsche Küche vermisst (oder, wie ich, einfach neugierig ist), kommt in Vancouver nicht um Stefan Hartmanns Bauhaus herum.

Aber es gibt noch viele weitere Restaurants, die ich auf meiner Reise besucht habe, teils exzellente, teils mäßige. Über die Interessantesten davon berichte ich im Folgenden.

Direkt zu einem Bericht springen:

→ Cafe Juanita, Kirkland
→ Canlis, Seattle
→ Sushi Kashiba, Seattle
→ The Walrus & The Carpenter, Seattle
→ The Pointe (Wickaninnish Inn), Tofino
→ Hawksworth, Vancouver
→ L’Abattoir, Vancouver


Cafe Juanita, Kirkland

In Kirkland, einem Vorort von Seattle, findet man eine wahre Restaurantperle, für die es sich lohnt, die Stadt zu verlassen. Das Cafe Juanita (ohne Akzent geschrieben) ist tatsächlich kein Café, sondern ein Restaurant. Und was für eines! Die US-amerikanische Küchenchefin Holly Smith überrascht an diesem unscheinbaren Ort mit einer fantastischen norditalienischen Küche.

Der Oktopus, zum Beispiel, ist butterzart, scharf angebraten und wird auf Kichererbsenpüree, mit etwas Knochenmark und einer intensiv aromatischen Salsa Verde serviert (ca. € 16). Das Gericht ist eine Wucht. Es gibt Hitze und Röstaromen, Salz und Petersilie, jeweils in Hülle und Fülle und doch nicht zu viel von allem. Als Kontrast dazu schmeckt man eine behutsame Prise Knoblauch, perfekt dosiert. (8/10)

Die Suppe des Abends (zuppa della sera, ca. € 12), bei Zimmertemperatur serviert, begeistert danach mit ihrer öligen Textur und einem intensiven Geschmack nach Tomate und Basilikum (8/10); ein schlichter, aber ganz fein ausbalancierter Chicoree-Salat mit Minze, Fenchel, Walnuss und einer kalabrischen Chili-Vinaigrette dazu bietet feine Kontraste (7,5/10).

Nicht weniger als atemberaubend sind dann die hausgemachten Orecchiette mit Basilikum, Brotkrumen und Zuckerschoten (ca. € 15, kleine Portion). Das Gericht verströmt einen ätherischen Duft wie ein Erkältungsbad. Wie ein Balsam fließen die Aromen durch die Atemwege; das Erlebnis am Gaumen bestätigt nur noch, was längst klar ist: das ist mühelos einer der besten Pastateller, die ich je probiert habe. (10/10)

Die Speisekarte bietet noch so viel mehr: Kirschtomaten mit Anchovi-Vinaigrette; Taglierini mit Kaviar; Gnocchi mit Lamm-Sugo; Mais-Risotto mit Pfifferlingen und Parmesam; Foie Gras mit Kirschen, Ingwer und Thymian; Burrata mit gegrillter Aprikose; verschiedenste Fische; Desserts … Es ist ein Traum – und ohne Zweifel einer der besten Italiener Nordamerikas.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Cafe Juanita (→ Website)
Chef de Cuisine: Holly Smith
Ort: Kirkland, USA
Datum dieses Besuchs: 30.07.2016
Meine Bewertung dieses Essens 8 (Was bedeutet das?)
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Canlis, Seattle

Seattles Fine-Dining-Institution schlechthin ist etwas erhöht am Lake Union gelegen und bietet einen traumhaften Blick über die Stadt. Das Restaurant hat alles, was der Amerikaner von einem gehobenen Restaurant erwartet: Valet Parking, eine Cocktailbar zum Warten auf das Seating, gute und schlechte Tische, einen Klavierspieler (apropos schlechte Tische), Dresscode, eine gediegene, schick-rustikale Atmosphäre in Creme- und Erdtönen, und die höchste Bewertung der einschlägigen Tageszeitung.

Letzteres ist kulinarisch gesehen überwiegend – aber nicht durchgängig – nachvollziehbar. Im Barley Porrdige mit viel Gerste und wenig Entenmuschel ist das Geschmacksbild etwas diffus, doch die spannende Textur und ein feines Säurespiel machen es zu einem ungewöhnlichen und doch guten Gericht. (7/10)

Noch besser ist ein kleiner Gang mit Garnelen (Peter Canlis Prawns), die von exzellenter Qualität sind – zart, aber nicht zerfallened, leicht süßlich – und die mit einer frischen, leichten Schaumsauce aus Butter und Limone und mit etwas Chili serviert werden. (7,5/10)

Wirkliche Begeisterung kommt erst bei einem Gericht mit Lachs auf, der sich qualitativ auf ein Podest mit dem phänomenalen Lachs stellen kann, den ich erst Tage zuvor im Willows Inn gekostet habe. Die Qualitäten von Lachs sind in dieser Region wirklich grandios, da wünschte man sich, ein Bär zu sein. Die weiteren Komponenten dieses Gerichts – junge Gemüse – liegen allerdings etwas hilflos auf dem Teller, und das Frühlingslauch ist deutlich verbrannt. Dennoch ein Qualitätsfest. (7,5/10)

Ein sehr großzügiges Stück Filet Mignon kommt mit einem Hauch von Beilagen: Morcheln, Spinat und Zwiebeln. Das Fleisch US-amerikanischer Herkunft ist von exzellenter Qualität mit dem typischen hohen Fettgehalt und einem buttrigen, reifen Geschmack. (7/10)

Das angeblich beste Restaurant Seattles verlasse ich satt und zufrieden – und erleichtert, vom Geklimper des Klavierspielers erlöst zu sein.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Canlis (→ Website)
Chef de Cuisine: Brady Williams
Ort: Seattle, USA
Datum dieses Besuchs: 29.07.2016
Meine Bewertung dieses Essens 7 (Was bedeutet das?)
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Sushi Kashiba, Seattle

Der 1941 geborene Shiro Kashiba stammt ursprünglich aus Kyoto, hat allerdings im Alter von 19 Jahren das klassische Sushi-Handwerk in Tokio (Edomae) gelernt, unter anderem an der Seite von Jiro Ono. Seit den 1970er-Jahren serviert der Meister bereits Sushi in Seattle. Sein erst letztes Jahr neu eröffnetes Restaurant am Pike Place Market hat mit entsprechend großem Tamtam eröffnet.

Das Prozedere, einen Tresenplatz zu ergattern, ist etwas albern. Reservierungen werden nicht angenommen, stattdessen muss man sich am Nachmittag persönlich in eine Liste eintragen lassen, um dann abends wieder vorstellig zu werden. Es gibt auch reguläre Tische – sogar eine ganze Menge davon –, für die normale Reservierungen möglich sind. Doch reguläre Tische und Edomae-Sushi sollten für jeden Sushi-Liebhaber ein grausiger Widerspruch sein.

Viele laute Tische (der Geräuschpegel ist nahezu unerträglich), genauso laut schnatternde Sushi-Chefs und noch lauter gegen sich selbst anquakende Amerikaner sind untrügliche Zeichen dafür, dass es hier alles andere als authentisch zugeht. Allerdings hat das auch niemand behauptet.

Das Restaurant ist so amerikanisch wie es nur sein könnte und bietet den Gästen alles, was sie erwarten: viel Service, viel Betüddelung – und nebenbei auch etwas Sushi. Ich habe Mühe, mich am Tresen auf mein Essen zu konzentrieren, weil sich alle um mich herum anbrüllen. Selbst die Sushi-Chefs plaudern mit allen Gästen und sind völlig abgelenkt von ihrer Tätigkeit. Einem seriösen Sushichef käme so etwas nicht in den Sinn, und meine Laune ist entsprechend.

Das Sushi selbst (Omakase, ca. € 3,50 pro Nigiri bis man nicht mehr kann) ist gut bis sehr gut, der Fisch von sehr guter Qualität und der Reis auf hohem handwerklichen Niveau. Dennoch sind die Stücke weit entfernt von Perfektion: japanische Liebe zum Detail sieht anders aus.

Die Spezialität dieses Hauses ist es, den Nigiri-Stücken häufig noch einen kleinen twist zu verpassen, sei es ein Shisoblatt, eine Yuzucreme mit Pfeffer oder ähnliches. Das funktioniert oft überraschend gut.

In Summe bleibt der Eindruck jedoch getrübt durch zwei Dinge: das Lautstärkeniveau und die Nonchalance, die die Sushimeister hier zum Besten geben. Was Jiro Ono wohl dazu sagen würde? Sushi ist immer noch ein ernsthaftes Handwerk. Blödeleien haben mir schon bei Nakazawa in New York nicht gefallen. Aber gastronomisch ist das sicherlich eine Goldgrube, zu der man einem 75-jährigen Küchenchef, der noch mal richtig durchstarten will, nur gratulieren kann.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Sushi Kashiba (→ Website)
Chef de Cuisine: Shiro Kashiba
Ort: Seattle, USA
Datum dieses Besuchs: 28.07.2016
Meine Bewertung dieses Essens 6,5 (Was bedeutet das?)
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The Walrus and the Carpenter, Seattle

Bei so einer Gastronomie schlägt mein Herz gleich höher. Modernes, helles, pulsierendes Ambiente; Schlangen am Einlass, aber keinerlei Stress. Reservierungen gibt es hier nicht, aber es bekommt eigentlich jeder einen Platz. Zum Beispiel direkt am Tresen, wo man die frischen Austern, die hier täglich ankommen, direkt begutachten kann.

Während in Deutschland der Verzehr von Austern mit einem Exzess der Schickeria verbunden wird, schert man sich hier an der US-Westküste nicht im Geringsten um solch einfältige Gedanken. Austern sind hier ein Massenprodukt, sie trudeln in feinsten Qualitäten tagesfrisch in den Häfen der Umgebung ein.

Das The Walrus and the Carpenter ist ein perfektes Restaurant für den mittäglichen Appetit. Man bestellt zum Beispiel two each der Sorten Wolf Beach, Pacific Soleil, Baywater Sweets und Summer Stone (ca. € 3/Stück). Die Austern werden auf einer Eisplatte mit Meerrettich und Zitrone serviert. Alles duftet nach glasklarem Meer und Gischt. Der Teller bietet eine fantastische, produktnahe Erkundungsreise durch die Vielfalt der lokalen Austernsorten. (7/10)

Ein Salat mit Tomate und Pfirsich (ca. € 12,50) und makelloser Vinaigrette (6,5/10), sowie ein Cevichevom Heilbutt (ca. € 12,50) mit Fenchel, Estragon, Apfel und einer schönen Säure (6,9/10) komplettieren ein erfrischendes Lunch in der Hitze dieses gerade beginnenden, aber schon jetzt perfekten Sommernachmittags. Darauf noch ein Glas von dem weißen Bordeaux!

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: The Walrus and the Carpenter (→ Website)
Chef de Cuisine: Renee Erickson
Ort: Seattle, USA
Datum dieses Besuchs: 30.07.2016
Meine Bewertung dieses Essens 6,9 (Was bedeutet das?)
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The Pointe (Wickaninnish Inn), Tofino

Das Relais-&-Chateaux-Hotel Wickaninnish Inn ist an einem der außergewöhnlichsten Orte der Welt gelegen, an einem Felsvorsprung am Chesterman Beach auf Vancouver Island. Hinter dem Hotel endlose Zedernwälder, davor der scheinbar endlose Pazifik. Weißkopfseeadler sind häufige Gäste am Himmel, Grauwale mögen es auch ganz gern in der weiten Bucht. Es ist ein spektakulärer Ort, auch für ein Restaurant.

Ich bin einige Tage im Wickaninnish Inn, umso größer ist meine Hoffnung, dass ars culinaria mit dieser Atmosphäre mithalten kann, denn in der Umgebung gibt es keine Alternativen.

Nach ein, zwei Abenden mit guter, aber keinesfalls herausragender Küche, beginnt der Gedanke an das abendliche Mahl etwas anstrengend zu werden – insbesondere vor dem Hintergrund, hier bereits zum Frühstück jeden Morgen so enttäuscht worden zu sein, dass ich mich beschweren musste.

Ein Tomatensalat mit Majoran und Zwiebeln (ca. € 12) ist abends eine der clevereren Vorspeisen aus der Abendkarte, da leicht und frisch und mit guten Produkten (6,5/10). Die Regenbogenforelle mit Verjus, Gurke, Rettichcreme und Dill (ca. € 13) ist sogar noch besser, weil die Fische in dieser Region – gerade die Lachsartigen – besonders exzellent sind (7/10).

Beim Hauptgang hält man sich daher auch besser an Fisch, z. B. an Kohlenfisch mit Tamale, Mais und Queller (ca. € 30). Auch dieser Fisch ist qualitativ sehr gut, doch recht plumpe Sättigungsbeilagen charakterisieren das Wesen vieler weiterer Gerichte hier (6,5/10).

Immerhin bietet die umfangreiche Weinkarte die Möglichkeit, seltene Weine aus dem Pazifischen Nordwesten zu verkosten, allerdings mit teilweise dreisten Aufschlägen. Ich verbringe einen ganzen Vormittag damit, einige Perlen herauszusuchen.

An einigen Tagen in der Woche gibt es draußen am Strand ein Crab Cookout, wo man an einem Buffet mit Salaten und weiteren Speisen riesige Taschenkrebse direkt am Strand verspeist. Da die kanadischen Gesetze es leider nicht vorsehen, dass in der Öffentlichkeit Alkohol konsumiert wird, fällt mein Plan, das rustikale Krebsvergnügen mit einem schönen Chablis abzurunden, leider ins Wasser.

Im Großen und Ganzen ist das hier alles im grünen Bereich, doch gerade wenn man einige Tage im selben Hotel „gefangen“ ist, kann die Alternativlosigkeit etwas frustrieren.

Aber ich bin – ausnahmsweise – auch nicht des Essens wegen hierhergereist. Es ist der Blick nach draußen. Der ist wirklich jede Reise wert.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: The Pointe (→ Website)
Chef de Cuisine: Warren Barr
Ort: Tofino, Kanada
Datum dieser Besuche: 03.08.–08.08.2016
Meine Bewertung dieses Essens 6,5 (Was bedeutet das?)
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Hawksworth, Vancouver

Regelmäßig als das beste Restaurant in Vancouver bezeichnet ist das Hawksworth im Rosewood Hotel Georgia. Diese Repetition macht die Aussage nicht wahrer, aber das trendige Szene-Restaurant ist auf jeden Fall ein urbaner Hotspot mit modernem Ambiente und lebhafter Atmosphäre.

Die Optionen der Speisekarte sind zahlreich: Foie Gras, Rinder-Tataki, Erbsen-Velouté, Tomatensalat, Huhn mit Parmesankruste, Lamm … Eine Entscheidung fällt mir zunächst schwer, aber nach einer kurzen Entscheidungspause mit einem guten Cocktail steht schließlich meine Auswahl.

Das Hamachi-Tartar (Gelbschwanzmakrele) wird mit einem Zitronengras-Eis, Koriander, „Kokosnussstaub“ und Puffreis serviert (ca. € 15). Das Gericht ist eine Fusion aus japanischer, thailändischer und peruanischer Küche, die angesichts der überambitionierten Präsentation überraschend schlüssig ist: frische und kühle Akzente unterstreichen die exzellente Qualität des Fischs, Koriander und Zitronengras bringen säurebetonte Aromen ins Spiel, die an Ceviche erinnern. Das ist qualitativ und geschmacklich sehr gut. (6,9/10)

Auch gleichem Niveau ist gerösteter japanischer Tintenfisch (ca. € 14), der sich erneut zu verstecken weiß, hier unter einem Zutatenmix von Erdnuss, Nashi-Birne, dazu gibt es eine Chili-Vinaigrette. Das Gericht vereint Frische, Herzhaftigkeit und abwechslungsreiche Texturen; im kreuzförmig eingeschnittenen Tintenfisch verfängt sich die pikante, süffige Sauce. Unkomplizierter, leichter Genuss! (7/10)

Ein kompletter Fehlschlag ist ein Gericht mit Stör und Gurke (ca. € 30). Der Fisch ist so trocken, dass man ihn mit Wasser runterspülen muss, die dicken Gurkenscheiben dazu sind auch recht plump. Das muss leider zurückgehen. (5/10)

Stattdessen probiere ich noch sautierten Kohlenfisch (sablefish) mit Shiitake- und Enoki-Pilzen und Erbsenblättern (ca. € 32), der in einer schaumig-cremigen Soja-Karamell-Emulsion serviert wird. Auch hier überzeugen wieder die exzellente Qualität des Fischs und die süffig-herzhafte, leicht asiatische Geschmackswelt. (6,9/10)

Zwei köstliche Petit-fours (8/10) unterstreichen das solide Niveau einer asiatisch-französischen Fusionsküche, die teilweise so wirkt als wolle sie durch Wow-Effekte ein junges Publikum beeindrucken, dabei jedoch durch hohe Produktqualitäten und stimmige Aromen überzeugt. Für ein Szene-Restaurant schon ziemlich gut.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Hawksworth (→ Website)
Chef de Cuisine: David Hawksworth
Ort: Vancouver, Kanada
Datum dieser Besuche: 24.07.2016
Meine Bewertung dieses Essens 6,9 (Was bedeutet das?)
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L’Abattoir, Vancouver

Auf Französisch klingt ja vieles schöner, auch der Name für ein Schlachthaus: L’Abattoir. In Vancouvers quirligem Viertel Gastown findet man ein entsprechend benanntes französisches Bistro. Dunkelgrauer Stahl, offenes Mauerwerk, gedecktes Licht und einfache Holztische lassen mich dort sofort wohlfühlen, genauso wie ein Blick in die Speise- und Weinkarte.

Beim ersten Glas des 2012er St. Innocent Pinot Noir aus Oregon (ca. € 95) stöbere ich der kompakten Speisekarte, von der ich am liebsten alles probieren möchte.

Ich beginne mit einem simplen Gemüsesalat (ca. € 11), bestehend aus rohen und gekochten Gemüsen, dazu gibt es eine Vinaigrette mit Rogen. Knackig, frisch, wunderbar sommerlich. (6,9/10)

Ein Teller Pasta mit hausgemachten Orecchiette (ca. € 11,50) mit Kürbispesto, Basilikum und (etwas zu viel) Burrata ist nicht unbedingt „fein“, dafür aber comfort food par excellence: süffig-herzhaft, heiß, salzig, alles in stimmiger Balance. (6,9/10)

Eines der denkwürdigsten Gerichte dieses Jahres ist dann das folgende Toast mitgeröstetem Kalbsbries (ca. € 11), Kalbszunge, Sauce Gribiche – alles überglänzt mit einem perfekten, glänzenden Kalbsjus. Das Hineinbeißen in dieses dekadente Stück Toast löst ein wahres Wahrnehmungsfeuerwerk aus: Knusprigkeit, Wärme, Weichheit, Festigkeit, Säure, Röstnoten, Süße, Umami. Warum ich nicht zwei weitere davon bestellt habe, ist mir – Wochen später – ein völliges Rätsel. (8,5/10)

Es gibt auch noch ein sehr gutes Erdbeerdessert (7/10), und vor allem eines zu sagen: diese Art von Restaurant ist für mich der Inbegriff der von mir in Deutschland so schmerzlich vermissten Gastronomie. Angefangen beim schlichten, aber geschmackvollen Ambiente über das entspannte Publikum ohne Allüren, ebensolches Personal, einer Speisekarte, die genau weiß, was sie will und kann, einer großartigen Weinkarte, bis hin zur Produktqualität und dem hohen „Komfortfaktor“ des Essens ist alles wunderbar. Zwischen einem solchen Essen und der absoluten Hochküche ist sehr vieles andere einfach vollkommen überflüssig.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: L’Abattoir (→ Website)
Chef de Cuisine: Lee Cooper
Ort: Vancouver, Kanada
Datum dieser Besuche: 25.07.2016
Meine Bewertung dieses Essens 7 (Was bedeutet das?)
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