The World’s 50 Best Restaurants – auf Wiedersehen!

Zum dritten Mal habe ich jetzt als Juror der World’s 50 Best Restaurants mitgewirkt. Hiermit trete ich jetzt offiziell als Juror der World’s 50 Best Restaurants zurück. Nicht, weil Rücktritte gerade in Mode sind, sondern aus folgenden Gründen:

  1. Ich stehe nicht hinter der Aussage der Liste

    Ich mag Listen. Ich mag Ranglisten und Punkte und Vergleichbarkeit. Ich mag es auch, wenn Experten Ihre Meinungen zusammentragen und dies in einem Ergebnis mündet. Doch ein „bestes Restaurant der Welt“ (oder so etwas Absurdes wie ein sich daraus ergebendes „siebzehntbestes Restaurant der Welt“) kann es nicht geben. Hierzu sind Küchenstile und Kochkulturen viel zu unterschiedlich.

  2. Ich stehe nicht hinter dem Ergebnis der Liste

    Ein Restaurant, in dem ich eines meiner grausamsten Ess-Erlebnisse hatte, soll (erneut) bestes Restaurant der Welt sein? Was für eine Farce! Natürlich ist das El Celler de Can Roca nicht das beste Restaurant der Welt. Es verwendet nicht die besten Produkte der Welt; das Handwerk ist gut, aber nicht besser als anderenorts; es schmeckt dort nicht am besten; es wurde dort nichts kulinarisch Wichtiges erfunden; der Service ist förmlich … kurzum: es ist einfach gar nichts superlativ, bis auf die Innenarchitektur. Wie es dann auf Platz 1 gelangt ist? Weil es die meisten Juroren eben dorthin gewählt haben. Warum sie es dorthin gewählt haben? Weil es gerade fürchterlich en vogue ist, spanische (und südamerikanische) Gastronomie in den Himmel zu loben; und weil es vergleichsweise günstig ist, dort zu speisen; und weil die PR-Maschinerie des Restaurants eben recht gut funktioniert. Die Gebrüder Roca hier, die Gebrüder Roca dort, das zieht. Keine Frage: ich gönne den Rocas oder auch sonst jedem fleißigen Unternehmer allen erdenklichen Erfolg, aber ich spreche aus Sicht eines Gasts und möchte andere vor Enttäuschungen bewahren.

  3. Ich halte das Abstimmungsverfahren für unseriös

    Viele Leute (und auch die Medien) glauben, eine „Expertenjury“ hätte sich beraten und aus dem riesigen Fundus aller Restaurants sorgfältig die besten ausgewählt. Diese Vorstellung liegt völlig neben der Sache.

    Das größte Problem ist nicht einmal die intransparente Zusammensetzung der Jury, sondern es sind drei Punkte: Es ist nicht klar, wofür man abstimmen soll. Geht es – wie z. B. bei den Michelin-Sternen – nur um die Küchenleistung? Wenn ja, worum genau? Geht es um das Gesamtkonzept? Soll das Preis-Leistungsverhältnis berücksichtigt werden? Der Service? Das Design? Die Stimmabgabe erfolgt völlig willkürlich.

    Kaum ein Juror hat einen weltweiten, aktuellen Überblick. Eine der Wahl-Statuten lautet, dass man innerhalb der letzten 18 Monate in den denjenigen Restaurants gespeist haben muss, für die man abstimmt. Ein Nachweis dafür wird allerdings nicht verlangt (s. nächster Punkt). So kann also jemand für den Celler abstimmen, weil es für ihn persönlich ein tolles Erlebnis war – aber kennt dieser Juror das L’Ambroisie? Kennt er das Le Louis XV, den Chef’s Table at Brooklyn Fare? Oder Jiro Ono? Man weiß es nicht. Meine Vermutung ist: nein, die Person, die den Celler auf Platz 1 wählt, kennt entweder all diese Restaurants nicht oder hat eben keine besonders hohe kulinarische Auffassungsgabe. Das ist in Ordnung, aber unter diesen „Experten“ möchte ich nicht länger agieren.

    Es wird keinen Nachweis verlangt, dass man in dem Restaurant tatsächlich Gast war. Zwar muss man mit einem Kontrollkästchen genau das bestätigen, aber ein sehr einfach umsetzbarer Upload eines Rechnungsdokuments wird nicht verlangt. Hier liegt die größte Schwachstelle im Abstimmungsverfahren. Im vermute, dass viel weniger Juroren damals im El Bulli tatsächlich dort zu Gast waren als die Anzahl, die dafür abgestimmt haben. Dasselbe vermute ich von sehr vielen der dort platzierten Restaurants.

Da ich ein Freund von Transparenz bin, folgen hier übrigens ein paar Screenshots des internen Abstimmungsverfahrens. In allen Restaurants habe ich in zu dem genannten Zeitraum gespeist, und die Reihenfolge meiner Bewertung bezieht sich allein auf das Essen.

Adieu!

Die Liste der World’s 50 Best Restaurants ist eine Rangliste derjenigen Restaurants, die die teilnehmenden Juroren aus völlig individuellen und nicht nachvollziehbaren Gründen für gut befinden. Dass eine solche Liste existieren kann, ist keine Frage. Aber sie hat keinerlei inhaltliche Relevanz. Meine kulinarischen Präferenzen haben mit dem Ergebnis dieser Liste regelmäßig nichts zu tun. Adieu, 50 Best!