Le Grill – Vorfreude bereiten

Zu vielen gehobenen Hotels gehört neben einer Spitzengastronomie oft auch noch ein »Grill«, das heißt ein Restaurant mit meist französischer oder amerikanischer Grillküche mit A-la-carte-Fokus. Das ist auch im Hôtel de Paris in Monaco der Fall, wo im Erdgeschoss Alain Ducasse sein Drei-Sterne-Flaggschiff Le Louis XV betreibt und im achten Obergeschoss Franck Cerutti, selbst jahrelang Küchenchef bei Ducasse, inzwischen über das Restaurant Le Grill wacht.

Über dem Le Grill leuchtet seit einigen Jahren auch ein Michelin-Stern, was für ein von einem Ducasse-Veteranen geführten Restaurant plausibel erscheint.

Die Aussicht von einem der Tische am Fenster ist malerisch; leider profitiert man im April noch nicht von dem komplett zu öffnenden Dach des Restaurants, was eigentlich auch in Pandemiezeiten sehr angenehm wäre.

Die Speisekarte ist französisch-mediterran und sommerlich; grüner Spargel, Morcheln, Wolfsbarsch, Hummer, Zitrusfrüchte, Lamm, Rind usw. mit Gerichtspreisen zwischen ca. vierzig und siebzig Euro versprechen hochwertigen Genuss.

Der Start, mit einer etwas trockenen Miniaturversion eines Club-Sandwichs mit Comté und eingelegter Kirschomate (6,5/10) sowie einer deutlich besseren Interpretation einer Pissaladière in Tartelette-Format mit warmem Zwiebelkompott (7/10), ist gut, aber unauffällig.

Die dickwandigen Weingläser im Bistro-Stil passen derweil nicht so recht zu meiner Wahl eines 2004er Vieux Château Certan (€ 325) aus der vergleichsweise kompakten Weinkarte, die leider nicht allzu viele spannende Möglichkeiten bietet.

Mittlerweile habe ich auch einige Präferenzen bezüglich der Gerichte und stelle fest, dass diese sich ziemlich genau mit dem ebenfalls angeboten Vier-Gänge-Menü (€ 148) decken. Obwohl ich in einem Restaurant dieser Art ganz überwiegend kein Menü wählen würde, passt es in diesem Fall.

Eine Royale von und mit grünem Spargel und Erbsen folgt als Amuse-Bouche. Die besonders aromatischen Erbsen sind ein Highlight, das man in dem ansonsten durch eine zu homogene, zimmerwarme Temperatur sehr vorbereitet wirkenden Gericht jedoch bewusst suchen muss. (6,9/10)

Auch die erste Vorspeise, eine optisch ansprechende Kreation mit rohem Wolfsbarsch und Zitrusfrüchten aus Menton, gelangt über die Empfindung »ganz gut, aber …« nicht hinweg. Die Speise offenbart erneut eine länger zurückliegende Vorbereitung, nicht nur durch das sehr zügige Auftischen des Gerichts unmittelbar nach dem Amuse-Bouche, sondern durch ein sehr homogenes Temperaturbild und einer eher trockenen Anmutung am Gaumen. Das liegt auch an den Zitrusfrüchten, die aus Menton stammend eigentlich mit höchstem Potenzial ausgestattet sind, hier auf dem Teller aber etwas von ihrer saftigen Strahlkraft eingebüßt haben. Ein paar Tropfen provenzalisches Olivenöl täten dem Gericht sehr gut. Die Fischqualität derweil ist nicht zu beanstanden, die angenehm dicken Stücke sind bissfest am Gaumen und schmecken klar und rein. (6,9/10)

Ein Risotto mit Morcheln und Parmesancrackern ist – wenn auch nicht optisch – auf einem höheren Niveau. Es ist offenkundig frisch zubereitet, der »Biss« ist auf den Punkt und die Cremigkeit dazu in einem ansprechenden Kontrast. Die frischen Morcheln sind von sehr guter Qualität und ergänzen das Risotto um lebhafte erdige Noten. Schlicht, aber sehr gut. Und wer das Risotto aus dem Le Calandre kennt, weiß um das Sternepotenzial eines Risottos. (7/10)

Der Hauptgang ist ein am Tisch tranchiertes Stubenküken vom Rotationsgrill, das auf dem Teller mit auffällig aromatischen jungen Gemüsen und einem einwandfreien und nach Thymian, Rosmarin und Salbei duftenden Geflügeljus serviert wird. Die Speise ist frisch, bietet authentische Aromen und ist durch die sehr guten Gemüse eine Nuance besser als vergleichbare Gerichte aus ähnlich ausgerichteten Hotelrestaurants. Einen Stern sehe ich hier dennoch nicht leuchten. (6,9/10)

Die freundliche Atmosphäre in Kombination mit einem von mir lang ersehnten Blick auf das Mittelmeer und dem fabelhaften Pomerol im Glas macht aber jegliche kulinarische Zurückhaltung des Restaurants wett.

Ein massiges Schokoladen-Soufflé ist dann aber noch einmal eine regelrechte Zumutung. Mit einem geschätzten Volumen von einem Liter, einem kaum präsenten Schokoladengeschmack (trotz einer Sorte aus der Manufaktur von Alain Ducasse) und einer damit auch fehlenden Bitterkeit, um die dominante Süße auszugleichen, macht dieser Abschluss kaum Freude. Wer soll so etwas aufessen? (6/10)

Eines kann der Grill zweifellos am besten: schon mal Vorfreude bereiten auf das Le Louis XV ein paar Stockwerke weiter unten.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Le Grill (→ Website)
Chef de Cuisine: Franck Cerutti
Ort: Monaco
Datum dieses Besuchs: 15.04.2022
Guide Michelin (F/MC 2022): *
Meine Bewertung dieses Essens: 6,9 (Was bedeutet das?)
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