Thornton’s Restaurant – der Hase im Pfeffer

Die Begeisterung von Locks Brasserie steckt mir noch in den Knochen, als ich sechzehn Stunden später am Tisch dieses Hotelrestaurants sitze. Es ist Samstagmittag, und ich überbrücke die Zeit bis zum Rückflug nach Hamburg mit einem Essen. (Wer hätte das gedacht?)

Natürlich isst am Samstagmittag fast niemand in einem solchen Restaurant. Gähnende Leere an fast allen Tischen. Die Flüsteratmosphäre ist so bedrückend wie die Hitze dieses irischen Jahrhundertsommers, die mangels funktionierender Klimaanlage langsam von außen in den Speisesaal kriecht. Bei einem Glas Champagner (Bollinger, € 23) versuche ich, mich abzukühlen und wähle zwei Gänge plus Dessert aus der Karte (insgesamt € 45). Mein Appetit ist mäßig, und die Atmosphäre ohnehin nicht einladend für ein ausschweifendes Mahl.

Dass man dann allerdings in nur wenigen Speisen komplettes kulinarisches Versagen abbilden kann, ist beachtlich.

So befremdet das Amuse-Bouche mit aufdringlichem (Buchenholz?-)Rauch, der nach seiner Lüftung irgendetwas Schleimiges preisgibt. Die Vorstellung, dass das vermutlich schon lange im Voraus zubereitet wurde, macht es noch unappetitlicher. Dazu gibt es ein Schälchen mit einer Art Drink, in dessen Mitte eine eiskalte grüne Kugel schwimmt. Wer sie zerbeißt, muss danach hoffen, den bitteren Geschmack schnell wieder loszuwerden.

Der gebratene Bluefin Tuna mit „Frühlingszwiebel-Salat“ (separat) und „Thai Style Dressing“ ist nicht mehr als gewöhnlich und lässt mich bereuen, diesen bedrohten Meeresbewohner überhaupt bestellt zu haben.

Kurioserweise wird nun ein kleiner Zwischengang in Form eines Rinderfilets und viel Dekoration serviert. An dem Fleisch ist nichts auszusetzen – und auch rein gar nichts zu bewundern.

Krönung dieses bisher völlig belanglosen Mahls ist dann ein Gericht mit Hase (Roast Loin of Wicklow Rabbit), von dem ich nur wenig verspeise. Das Fleisch ist so fade wie ein Stück Putenbrust, eine zylindrisch ausgestanzte Kartoffel wurde offenbar gar nicht gegart (man benötigt ein Messer, um sie zu zersägen), und die auf der Karte angepriesenen Trompetenpilze kommen in einer Anzahl von sage und schreibe drei Stück, gebettet auf einem Selleriepüree, dessen kulinarische Bedeutung auf diesem Teller ungefähr so groß ist wie meine Lust, hier noch etwas anderes zu bestellen als die Rechnung.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Thornton’s Restaurant (→ Website)
Chef de Cuisine: Kevin Thornton
Ort: Dublin, Irland
Datum dieses Besuchs: 13.07.2013
Guide Michelin (GB/IRL 2013): *
Meine Bewertung dieses Essens 5 (Was bedeutet das?)