Le Moissonnier – kulinarisch dynamisch

Diesem sehr sympathischen Restaurant widme ich meinen zweiten Besuch binnen einiger Wochen. Besonders gespannt ich, ob mein etwas angeschlagener Eindruck des ersten Besuchs wettgemacht werden kann.

Der erste Besuch (kein Bericht) war leider eher ein kulinarisches Diminuendo; will heißen: die Vorspeise war exzellent (Kalbsbries mit glasierten Haselnüssen auf Enten-Jus mit Amontillado, dazu ein kleiner Zwiebelkuchen und Sandwich von Chicorée mit Entenconfit); das Hauptgericht war leider recht unharmonisch und kam etwas plump daher (Milchkalbsrücken, der viel zu kreuzkümmellastig war, dazu eine hausgemachte Barbecue-Sauce, die, zusammen mit dem Cumin, das Kalb leider völlig untergehen ließ); und das Dessert war handwerklich fehlerhaft - der Schokoladenkuchen zerbröselte aus Mangel an Butter in trockene kleine Stücke. Dabei waren stets alle Zutaten von erkennbar guter Qualität, und die Anrichtung sehr ansprechend und kreativ. Es muss also noch besser gehen.

Ich gebe nur wenigen Restaurants eine zweite Chance, mich zu überzeugen, schließlich gibt es genug andere, die man besuchen kann. Allerdings gibt es eben solche - wie Le Moissonnier - deren Potenzial förmlich in der Luft liegt und man spürt, dass es sich lohnen wird, ein zweites Mal wiederzukommen. (Nachtrag vom 19.12.2009: ...und auch ein drittes Mal und viertes Mal...)

Und wie es besser geht! Ich bin äußerst zufrieden mit dem Auftakt: Gebratene Jakobsmuscheln mit Artischocken auf Paella-Jus (halbiert, und perfekt auf einer Seite gebraten), dazu, alles jeweils getrennt in kleinen Schälchen, Frikassee von Scampi und Calamaretti mit Limone und Kokosmilch (sehr überzeugend) sowie Taschenkrebs-Aspik mit Gemüsegurke (ein passend frischer Schlussakkord dieser Vorspeise).

Als Zwischengang folgt ein Kaninchen-Porchetta mit Pistazien und dreierlei Senf-Cremone, Blauschimmel und Schalotten-, Tomaten-Mozzarella und Waldorf-Salat. Geschmacklich ist die Komposition in Ordnung, das Kaninchenfleisch ist jedoch ein wenig trocken. Ganz große Klasse ist der Waldorf-Salat!

Die Hauptspeise ist hervorragend. Das irisches Rinderfilet wird in zwei Stückchen, perfekt à point gebraten, auf einem Teller serviert. Dazu wird ein Schüsselchen mit einer luftigen Béarnaise gereicht sowie ein Schälchen mit zerdrückten Kartoffeln in Olivenöl mit Kräutern; auch dazu gibt es - diesmal dezent mit Cumin akzentuierte - Möhrchen. Das Fleisch ist von herausrangeder Qualität. Ein wunderbar ausgewogenes Gericht, das Lust auf mehr macht.

Der 1999er Grand-Puy-Lacoste geht nun auch zur Neige; er war in Summe noch recht verschlossen, aber ein gefälliger Begleiter mit Beeren- und Zimtnoten und einem mittleren Abgang. Besonders sympatisch fällt mir bei diesem Besuch auch auf, dass sich Herr Menchon noch an den von mir beim letzten Mal ausgewählten Wein erinnert, den Volnay 1er Cru "Clos d'Audignac" von la Pousse d'Or, der mir bis dahin nicht bekannt war und, wie ich erfuhr, auch noch nicht allzu lange von der Domaine angeboten wird.

Das Dessert - ich bestelle erneut einen Schokoladenkuchen - kommt diesmal schmackhaft saftig daher.

Herr Eric Menchon und sein Team sind sehr sympatisch und aufmerksam, die Atmosphäre ist locker, aber auf hohem Niveau - eine äußerst seltene, angenehme Kombination. Man kann dieses Zwei-Sterne-Restaurant auch ohne Schwierigkeiten mit Jeans und Pullover aufsuchen. Für den zweiten Stern fehlt mir persönlich noch etwas mehr Raffinesse, weniger Schwankung.

Ich würde hier jederzeit wieder einkehren und freue mich auf einen nächsten Besuch.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: Le Moissonnier (→ Website)
Chef de Cuisine: Eric Menchon
Ort: Köln, Deutschland
Datum dieses Besuchs: 28.05.2008
Guide Michelin (D 2008): **
Meine Bewertung dieses Essens 7,5 (Was bedeutet das?)