StreetXO – Schlemmertheke deluxe

Wie gut, dass ich hier eingekehrt bin, bevor ich im DiverXO war. Nach dem dortigen Fiasko hätte ich keine Lust mehr gehabt, den gastronomischen Ideen David Muñoz‘ weiteres Vertrauen zu schenken, erst recht nicht am selben Tag. Doch durch einen Tipp mache ich mich gleich nach meiner Ankunft in Madrid auf den Weg zu einer Filiale der Warenhauskette El Corte Inglés, fahre dort in die sechste Etage („Gourmet Experience“) und suche das Thekenrestaurant StreetXO.

Das ist dank lauterer Musik und auffälliger Optik schnell gefunden. Hier ist auch das Konzept von Beginn an schlüssig. Hip-Hop-Musik, Logo in Graffitioptik, Weinregal aus Maschendraht. Man könnte auch gerade an einem Food-Truck neben einem Basketballplatz stehen. Das Entscheidende an allem: hier wird gelächelt, Leute sind freundlich, und um die Theke herum scheinen viele Leute noch viel mehr leckeres Zeug zu essen und Wein zu trinken. Alles eine gute Idee, ich bin auch recht hungrig hier gelandet.

Ich erkämpfe mir einen Stehplatz und eine Stimme am Tresen, frage den Kerl mit Kappe kurz, was er mir von der Dutzende Snacks umfassenden Karte empfehlen würde und sage ihm dann einfach, er soll drauf loslegen, bis ich nicht mehr kann.

Besteckt nimmt sich jeder wie er will, serviert wird der Einfachheit halber auf beschichtetem Papier. Wer sich jetzt fragt, warum ich das hier gut finde und die Kunststoffmatten im DiverXO affektiert, dem sei gesagt: in erster Line, weil’s hier richtig schmeckt!

Zum Beispiel diese geräucherten Stabmuscheln von exzellenter Qualität mit Holzkohle, Olivenöl, ponzu of sishio (?) und Kokosnusscreme für 6 Euro! Vielleicht etwas zu viel Sauce, aber dennoch gut.

Es folgen im Pollock-Stil angerichtete frittierte Schweineohren (€ 10,50) mit Erdbeer-Hoisin-Sauce, Aioli und bitterem jungem Gemüse. Jedes Öhrchen ist ein großes Plaisirchen. Wirklich ungemein schmackhaft. Wie man das isst? Mit den Fingern natürlich! Und sogar Händedesinfektionsmittel steht überall herum – da hätte ich meines glatt zu Hause lassen können. Mehr von allem!

Weiterhin einer herzhaft-süffigen, zutiefst befriedigenden Geschmackswelt folgend geht es weiter mit Butterfisch-Tataki (€ 12) mit Anis, Chinese BBQ und Salat mit Yuzu-Dressing. Erneut ein tolles, authentisches Produkt, zu dem die säuerliche Frische des Salats hervorragend passt. Man darf den Rahmen nicht vergessen: das hier ist ein Thekenrestaurant für ein schnelles Mittagessen. Aber was für eines! Meinen Vergleich zu den Mittagstischen in Deutschland lasse ich heute mal in der Tasche.

Zwei schaffe ich noch! Einmal den Schweinebauch mit Miesmuscheln (€ 14), den man mit Shiitake-Pilzen und zwei Saucen (sriracha und Xo-tartare) in einem Salatblatt mit Kräutern einwickelt und sich zu Gemüte führt (sehr gut), dann noch „Almost a calamari roll“ mit frittierten Tintenfischringen, einem „Schwammbrot“, Trüffelemulsion und Tamarillo-Ketchup (€ 14), dies dann alles nicht so mein Fall. Egal.

Der kleine Bruder vom DiverXO ist nicht mal ein wirkliches Restaurant (daher vermutlich auch nicht im Michelin aufgeführt), aber wen kümmern schon die Definitionen, wenn es so unkompliziert und dabei so gut sein kann. Ein echter Geheimtipp.

Informationen zu diesem Besuch
Restaurant: StreetXO (→ Website)
Chef de Cuisine: Johnny Setjo
Ort: Madrid, Spanien
Datum dieses Besuchs: 17.12.2014
Meine Bewertung dieses Essens 6,5 (Was bedeutet das?)