Memories – das, was bleibt

Das Memories ist das jüngste Drei-Sterne-Restaurant der Schweiz und befindet sich im Grand Resort Bad Ragaz an der Grenze zu Liechtenstein. Ich habe meine Reservierung direkt am Tag der Bekanntmachung des Guide Michelin getätigt und wurde auch erst in diesem Zusammenhang auf das Hotel und dessen erstaunliches gastronomisches Angebot aufmerksam.  

Von den sieben Hotelrestaurants sind allein vier im Guide Michelin empfohlen, darunter ein Restaurant mit einem Stern (Verve by Sven, Bericht folgt), eines mit zweien (IGNIV by Andreas Caminada, Bericht folgt nicht, weil der namensgebende Patron einem vergangenen Bericht von mir über das Schauenstein nicht viel Positives abgewinnen konnte und meine Reservierung – trotz vorheriger Rückbestätigung – vor Ort noch einmal hastig durch irritiertes und machtloses Hotelpersonal stornieren ließ) und das Memories mit dreien.

Gleich zwei Restaurants betreut Küchenchef Sven Wassmer, der in der Schweiz schon einmal im 7132 Silver in Vals rasant zwei Sterne erkochte und nach diesem Prinzip seit 2019 nun auch in Bad Ragaz vorzugehen scheint. Sogar dem TV-Publikum des Formats Kitchen Impossible sollte Wassmer ein Begriff sein, wo dieser sich letztes Jahr gegen Tim Mälzer durchsetzte, wie ich eine halbe Stunde vor meinem Abflug nach Zürich zufällig recherchiere. Die Reise ist mein kulinarischer Auftakt ins neue Jahr.

Abends betrete ich dann das Memories. Das Interieur begeistert mich auf Anhieb mit einer modernen, aber behaglichen Ästhetik, hochwertigen Materialien und weit auseinandergestellten Tischen. Wellenförmige Trennelemente aus hohen Holzpaneelen sorgen für Privatsphäre, ohne, dass man sich isoliert fühlt.

Das eigentliche Spektakel ist aber die offene Küche, die sich naht- und stufenlos an den Gastraum anschließt. Aus ihr gelangen warmes Licht, ein gelegentliches, sonores »Jawohl!« sowie smarte Köchinnen und Köche mit Töpfen, Gerichten und Erläuterungen in den Gastraum. Noch näher am Geschehen ist man an einem Tresen für bis zu sechs Personen, der jedoch nicht die Küche vom Gastraum trennt, wie sonst oft bei vergleichbaren Konzepten, sondern sich an der Seite befindet.

Die Weinkarte hatte ich mir schon im Voraus zusenden lassen. Sie kam in Form von mehreren Dokumenten, die sich hier am Tisch als separate Karten für die verschiedenen Weinarten und -regionen in einem Holzschuber noch etwas stilvoller präsentieren. Bei einem ersten Glas 2018er Bourgogne der Domaine Leflaive (28 CHF, ca. 30 €) bespreche ich die weiteren Optionen mit dem Sommelier und Maître. Meine Leidenschaft für Pinot Noir lässt sich hier in der Region gut ausleben; das Weinbaugebiet Bündner Herrschaft liegt nur einen Steinwurf von Bad Ragaz entfernt. Der 2015er »Monolith« Pinot Noir des Weinguts Obrecht (ca. 260 €) ist eine exzellente Empfehlung und fühlt sich heute Abend schlüssiger an als etwas aus meiner Herzensregion Burgund.

Sven Wassmer bietet im Memories seine »Schweizer alpine Küche« in Form eines Überraschungsmenüs an. Die einzige Entscheidung, die man fällen kann und muss, ist der Umfang. Es gibt sieben Gänge für umgerechnet ca. 280 €, neun für 350 € oder elf für 400 €. Weißer Alba-Trüffel hat gerade Saison und wird als kostenpflichtiges Add-on angeboten (drei Gramm zzgl. ca. 82 €). Ich wähle das umfangreichste Menü und gebe der Küche mit dem Trüffelhobel freie Hand.

Das Menü startet mit vier Amuse-bouches. Ein Windbeutel mit Kürbis und Hanfnougat bietet leichtfüßigen Knusperspaß und eine sehr fein austarierte Süße (8,5/10); eine Tartelette aus Mürbeteig mit Apfelmarmelade, Haselnuss und Kojipüree erinnert wegen des Edelschimmels und der fruchtigen Marmelade an einen Blauschimmelkäse im Rahmen einer exzellenten Käseplatte (8,9/10); ein Kartoffelbretzeli mit einem Tartar von alter Kuh, Liebstöckelcreme, aus regionalen Zutaten hergestellter XO-Sauce sowie eingelegter Zwiebelsaat bietet betörenden Schmelz vom Fleisch, herzhaftes Umami vom Liebstöckel und transportiert einen nur deswegen noch nicht auf Wolke zehn, weil die XO-Sauce noch präsenter sein dürfte (8,9/10). Zu einer Rosenblüte geformte gepickelte Rote Bete mit einer Meerrettichcreme und Pulver von schwarzer Johannisbeere begeistert zum Abschluss dieses Auftakts durch erfrischende Säure, kurzweilige Textur und glasklare Aromen (8,9/10).

Das eigentliche Menü eröffnet kurz darauf mit einem Schälchen mit einer Creme von fermentierten Champignons und Steinpilzen, angerichtet auf einer Sauerteigmousse, getoppt mit jungem und dadurch besonders cremigem Oona Alpenkaviar No. 103 traditionel und Schnittlauch. Das Gericht repräsentiert schon an dieser Stelle viele Attribute der Küche, die in den kommenden Stunden folgen wird: kräftige Aromen, exzellente regionale Zutaten, eine kompakte Anrichtweise und süffige Tiefe statt ausfransender Breite. Und trotz des aromatisch lauten Auftritts begeistert dieses Schälchen mit einer geradezu leichtfüßigen Balance, präzisem Salzgehalt und einer inspirierenden aromatischen Assoziation an einen Waldspaziergang. Großer Genuss zum Abtauchen. (9/10)

Wassmers Signature-Gericht folgt in Form von in Heu und Tanne geräuchertem Saibling. Bereits der Fisch ist ein seltenes Produkthighlight, mit sagenhaftem, buttrigem Schmelz und dem für Saibling typisch grasigen Aroma, das hier ein wenig an die alpine Landschaft erinnert. Doch so lange man allein über den Saibling schwelgen könnte, ist der zweite, gleichberechtigte Protagonist des Tellers eine Sauce aus gebranntem und mit Tannenöl aromatisiertem Rahm. Aromen von Saunaaufguss, Erkältungsbad und Nadelbäumen schweben über dem Teller; der Rahm verleiht dem Gericht wohltuende Substanz. Es ist ein sinnliches Erlebnis, das man solange erhalten möchte wie möglich. In meinem Fall ziehe ich es mithilfe des exzellenten Sauerteigbrots in die Länge, bis Fisch und Sauce nur noch eine Erinnerung sind, eine, die sich einbrennt. (10/10)

Der nächste Streich ist eine Kreation um Rote Bete. Im Zentrum befindet sich ein im Calciumbad zu einem etwas seltsamen Objekt transformiertes Stück der Knolle, das mit seiner Form und Textur entfernt an eine Teigtasche und aromatisch ein wenig an Mais erinnert. Flankiert ist die wundersame Zutat von einer dichten, appetitlich leicht an den Lippen klebenden Sauce auf der einen, sowie von Rote-Bete-Crumble auf der anderen Seite. Geflügeljus, Johannisbeerholzöl und Arve (Kiefer) sind weitere Begriffe, die der Service in den Mund nimmt, doch da habe ich schon Augen und Ohren geschlossen und hänge stattdessen mit der Nase tief über dem Teller. Es duftet nach Erde, nach Süße, nach Herzhaftem, und erstaunlicherweise nicht nach der eigentlich so dominanten Roten Bete. Am Gaumen setzt sich dieser Eindruck fort, ich schmecke weiter eher Erbse, Karotte, Minze und Kalbsfond. Doch auf die Idee, das fruchtig-erdige Aroma der Bete zu vermissen, kommt man hier gar nicht. Es geht stattdessen um die Vielfalt, Transformation und Faszination, die von einem einzelnen Produkt ausgehen kann. Das Gericht ist technisch wie geschmacklich brillant und mit die beste Rote-Bete-Darbietung, die ich je probiert habe. (10/10)

Schon jetzt ist die schlichte, aber verdichtete Küche, die ohne jedwede Dekoration oder Anrichtallüren auskommt, eine wohltuende Offenbarung. Und es fängt ja zum Glück gerade erst an.

Meine erste Einordnung wird gleich vom nächsten Gang unterstrichen, der sich gar nicht erst die Mühe macht, allzu anders auszusehen als der vorherige. Was hier auf den ersten Blick wie eine Hummerschere anmutet, entpuppt sich als ein Stück gehäutete und mit Sanddorn langsam geschmorte Paprika. Wassmer hat es in seiner lockeren Art ganz zwanglos über ein quaderförmiges Stück Kalbsbacke gelegt. All das wiederum findet man in einem dunkelroten, im schummerigen Licht des Restaurants fast schwarz anmutenden Sud wieder, der aus der Abtropfflüssigkeit von gerösteter Paprika zubereitet wurde und mit pikanter Chili abschmeckt ist. Wie auch die anderen Saucen, die in zig kleinen Mauviel-Töpfchen den Herd schmücken und den ganzen Abend über gewissenhaft von den Köchen gepflegt werden, verschleiert auch dieses Elixier nicht, dass Saucen ein ganz zentrales Element der Küche Wassmers sind und bei aller Experimentierfreude auch immer die Nähe zur klassischen französischen Basis suchen. Auf diesem Weltklasseniveau befindet sich dementsprechend auch wieder der gesamte Teller, der geschmacklich das betörende und komplexe Aroma von gerösteter Paprika in den Mittelpunkt stellt und mit etwas kecker Schärfe unterstreicht. Ich wünschte mir bei der Kalbsbacke lediglich eine etwas weniger »kompakte« Textur, eine Stilfrage. Nuancen zwischen Weltklasse und Überirdischem. (9/10)

Das spektakuläre Menü fährt noch reduzierter fort. In der Mitte des nächsten Tellers findet man eine Nocke Chnöpfli (ähnlich wie Spätzle), die mit verschiedenen Käsen, u. a. Gruyère, aromatisiert wurden (allerdings nicht direkt, sondern in Form einer Zubereitung aus deren Abtropfwasser). Die Chnöpfli sind mit Kümmel gewürzt, auf einem Püree von Périgord-Trüffeln platziert und werden hier als Add-on noch zusätzlich mit frisch gehobeltem Alba-Trüffel verfeinert. Tatsächlich stellt die Verwendung beider Trüffelsorten keinen Widerspruch dar, sondern erweitert die Komplexität des ätherischen, waldigen Aromenspektrums, wozu auch der Kümmel auf erstaunliche Art beiträgt. Und derartig cremige, leichte Spätzle habe ich auch noch nie probiert. Nun wieder überirdisch. (10/10)

Recht perplex lasse ich mich von diesem fabelhaften Niveau weiter mitreißen, der gute Wein und die entspannte und dennoch spannende Atmosphäre tun ihr Übriges.

Ein Stück Zander verbirgt sich beim nächsten Gang unter einem mit einer appetitlichen Vinaigrette angemachten Feldsalat, knackig frisch und säurebetont, sowie einer schaumigen Heumandel-Miso-Hollandaise mit Koji, die eine betonte Süße in das Gericht einbringt. Während der heiße, zarte und doch kompakte Fisch erneut die hier perfekten Garmethoden und Produktqualitäten zur Schau stellt – und der Salat die souveräne Verwendung von geradezu bodenständiger Süffigkeit – muss man bei der Süße der Sauce, die wohl von Koji und Zwiebeln herrührt, zweimal hinschmecken, ob das nicht eine Nuance zu viel ist. Die Vinaigrette und die Säure der Sauce selbst balancieren jedoch gekonnt dagegen, und am Ende erlebe ich mich selbst als eine Art passiver Beobachter dieses kurzweiligen Wechselspiels am eigenen Gaumen. Das ist so frappierend, dass ich am nächsten Abend, als ich das Restaurant kurzerhand noch einmal spontan besuche, das Gericht erneut bestelle. Dann steht auch noch das Saucentöpfchen daneben und zufällig auch etwas Brot. Meine leichte Skepsis bei der Sauce beantworte ich mir einfach mit dem gründlichen und genüsslichen Verzehr der Sauce mit Brot und Löffel. (8,9/10)

Auch beim nächsten Gang, der laut Wassmer so noch nicht hundertprozentig Einzug ins Menü gefunden hat, erlaube ich mir zwei Eindrücke, allerdings auch hier nicht aus Zweifel, sondern aus Neugier und der Freude am Genuss. Bereits heute Abend ist die souverän schlichte Komposition von dünn aufgeschnittenem Eichelschwein eines exklusiven Zulieferbetriebs in Kombination mit einem mit Vinaigrette aromatisierten und scharf angebratenen Spitzkohl, einem reduzierten Schweinejus und einer umamibetonten Gemüsecreme (»yummy paste«) eine Offenbarung. Der Gang ist konzeptionell derart schlicht (Schwein/Spitzkohl/Jus), dass man Mühe haben könnte, auf Anhieb zu verstehen, wie eine so bodenständige, reduzierte Komposition auf dieses Niveau gehievt werden kann. Das Schwein ist wunderbar, großartig sogar, doch erst durch die herzhafte, präzise abgeschmeckte Sauce (und deren samtige Textur), der würzigen Gemüsepaste und dem appetitlich angemachten, buttrigen Spitzkohl wird das Gericht von Hausmannskost auf ein Weltklasseniveau katapultiert.

Am nächsten Abend will ich das noch einmal erleben. Wassmer hat die Garung des Fleischs behutsam optimiert, kaum wahrnehmbar und mit identischer Kerntemperatur, dennoch einen Hauch saftiger. Es sind Nuancen wie bei High-End-Musikanlagen. Zum Schluss steht sogar noch eine »dirty version« auf dem Tresen, mit Fleisch, Sauce und abermals Brot zum Stippen, und man fragt sich, wie viel und wovon man bei dieser Kreation noch weglassen könnte, bis das sagenhafte Niveau verwässert. (9/10)

Ganz in diesem Sinn geht es weiter mit trockengereifter »alter Mutterkuh« der Rasse Braunvieh. Zulieferer ist ein renommierter Betrieb von Michael Vogt am Bodensee. Wassmer grillt die Filetstücke langsam (!) über einem Binchōtan-Tischgrill. Wenn man am Tresen sitzt, kann man die fluffige Zartheit des Fleischs schon von weitem erkennen, immer dann, wenn die Garung durch kurzen Druck überprüft wird und das Stück dabei großzügig nachgibt. Das Stück auf dem Teller ist so elastisch, dass es beinahe vom Teller springt, die Garung präzise medium rare. Über das Püree aus »Weisse Lötschentaler«-Kartoffel und Butter, in jeweils gleichem Verhältnis und à la Robuchon durch ein Sieb gestrichen, wurde weißer Alba-Trüffel als Add-on in feinen Lagen geschichtet, der meinen Platz mit wohltuendem Duft erfüllt. Das Püree ist sogar noch besser als die legendäre französische Version, weil sie noch samtiger, weniger klebrig und dennoch genauso üppig ist. Dazu gibt es eine klassische Demi-glace, so perfekt, wie ich sie selten erlebt habe: warm, klebrig, aber nicht pappig, ohne »Haut«, betörend aromatisch und mit so brillantem Glanz, dass sich das Fleisch darin spiegelt. Letzteres ist ungemein zart und saftig, zweifellos eine der besten Fleischqualitäten, die ich je probiert habe und die nicht vom Wagyu-Rind stammen. Das Gericht ist an Perfektion hinsichtlich Qualitäten und Handwerk nicht übertreffbar, schon ohne Trüffeln ist das ein unvergesslicher Fleischgang. Fleisch, Kartoffelpüree und Sauce, es ist kaum zu glauben, dass ein ambitionierter junger Koch damit punkten will. Aber wie er es tut! (10/10)

Im Glas ist dazu inzwischen ein 2011er Morey-Saint-Denis 1er Cru »La Forge de Tart« aus dem (großzügigen) Coravin-Ausschank (ca. 83 €).

Das Intermezzo vor den Desserts ist ein Brombeersorbet, das mit eigens fassgereiftem Negroni aufgegossen wird. Das Sorbet selbst ist fast surreal grandios – üppig, nicht zu kalt, nicht zu sauer, intensiv fruchtig, samtig-cremig – und im Zusammenhang mit dem herben Cocktail auf anspruchsvolle, charaktervolle Art bitter. Es ist eine der besten Sorbet-Kreationen, die ich je probiert habe. (10/10)

Und das ist jetzt der Punkt, wo eine überwältigende Mehrheit von Degustationsmenüs zu schwächeln beginnt, mit zum restlichen Menü oft unzusammenhängenden Desserts, häufig mit zu viel Säure, zu viel Kälte, zu vielen Experimenten und ohnehin so, dass spätestens jetzt der Rotwein ungenießbar wird. Ich habe das für mich – trotz aller bisherigen Großartigkeit – auch schon fast so für heute Abend akzeptiert, liege aber komplett daneben.

Es gibt ein Sauerkleesorbet, abermals von schwelgerischer Cremigkeit, platziert auf einer mit Tannennadelöl parfümierten Crème Chantilly. Das Dessert duftet kühl nach Nadelwald und Winter, am Gaumen fehlt es dem Sorbet glücklicherweise erneut an allen Extremen. Es gibt nichts zu Kaltes, zu Saures, zu Bitteres, zu Forciertes, stattdessen eine angenehme Süße, moderate Kühle, willkommene Opulenz und einlullendes Nadelwaldaroma. Meringue-Segel haben dazu eine Textur wie Schnee, sofort zerfallend, nicht klebend, aber der Clou des Desserts sind winzige, in Zuckermelasse geschmorte, ganze Tannenzapfen. Wenn man sie zerbeißt, erfährt man einen ganz leichten, holzigen Widerstand und harziges, ätherisches Aroma. Für einen ganz kleinen Moment fühle ich mich wie ein Holzwurm – und habe mich selten besser gefühlt. (10/10)

Das letzte Dessert kühlt die Emotionen kaum ab, der Service annonciert Frischkäsemousse, Cheesecake, Sanddorn, Milcheis mit Zwetschgenkernen, Milcheischips, karamellisierte Milch und Quittensaft. Sanfte, cremige Süße erinnert an Dulce de leche, die fruchtige Quitte und der luftig-knusprige Chip lassen mich noch eine Weile hier oben verweilen. Kaum zu glauben, dass selbst der Burgunder noch dazu passt. (9/10)

Ein Gugelhupf mit Marzipan, Mandel und Haselnuss zum Abschluss ist fluffig-weich, dabei dennoch buttrig-gehaltvoll und für das, was er sein soll, wohl kaum zu verbessern (8/10).

Der hervorragende, aber recht karg vor einem stehende Kuchen – ohne Begleitung, ohne Fanfaren – wirkt wie ein Symbol für das gesamte Menü, bei dem es immer auch darum ging, was nicht auf dem Teller ist. Die große Kunst der Küche Wassmers ist, dass sie reduziert ist, ohne minimalistisch zu sein, dass sie technisch komplex ist, ohne kompliziert zu sein, und dass sie regional verwurzelt ist, ohne, dass sie das predigt. All diese – für den Erfolg der Gerichte entscheidenden – Details können zwar vom Gast bewundert werden, aber die Küche trägt sie nicht vor sich her. Diese Bescheidenheit macht Wassmers Küche fast schon verletzlich. Und Küchen, die zu solchen Gedanken führen, zählen immer zu den ganz großen.

Informationen zu diesen Besuchen
Restaurant: Memories (→ Website)
Chef de Cuisine: Sven Wassmer
Ort: Bad Ragaz, Schweiz
Datum dieses Besuchs: 04.01.2023
Guide Michelin (CH 2022): ***
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